Semester: Sommer 2024
Lehrformat: Projekt mit seminaristischem Unterricht
Integriertes Produktdesign (B.A.)
Kooperationspartner: Hochschule Coburg, Klassik Stiftung Weimar, Digitus.Art


Hochschule Coburg
Prof. Dr. Michael Markert,
Laura Ankenbauer,
Lukas Bebb,
Nadja Chrystianowicz,
Florian Hartmann,
Lea Kemmelmeier,
Julia Kipke,
Nils Rohlfs,
Johannes Schmidt,
Stella Schrüfer,
Fabian Söllner
Klassik Stiftung Weimar
Dr. Dirk Wintergrün,
Kristina Johannes,
Alexander Methfessel,
Sophia Gröschke,
Annika Schlimm,
u.a.
Thomas Müller (Fotografien)
digitus.art
Ilja Streit,
Enzo Manzano
Wie kann man virtuell, ohne Körper, ohne Hände, eine Schublade öffnen?
Mit dieser Frage beschäftigt sich die aktuelle Fortführung der Kooperation des Integrierten Produktdesign mit der Klassik Stiftung Weimar. Mit 31 Museen und Orten des Erlebens sowie 12 UNESCO-Welterbestätten zählt die Stiftung zu den größten und bedeutendsten Kultureinrichtungen Deutschlands.
Die erfolgreiche Kooperation von Prof. Dr. Michael Markert mit der Klassik Stiftung Weimar wurde auch in diesem Jahr fortgesetzt: In einem Pilotprojekt der Klassik Stiftung Weimar wurde Johann Wolfgang von Goethes Studier- und Arbeitszimmer von Digitus.Art hochauflösend im digitalen Raum nachgebildet. Mit dem über Neustart Kultur geförderten Projekt, können sich Besucher vom virtuellen Zimmer in Goethes Wohnhaus einen hyper-realistischen Eindruck des Raumes in einer immersiven Installation auf einer Bildschirmwand machen. Das eigentliche Zimmer im Museum darf ansonsten nur betrachtet, aber nicht betreten werden. Bislang stand vor allem die Rekonstruktion und Nachbildung des digitalen Zwillings von Goethes Arbeitszimmer im Mittelpunkt.


Gemeinsam der Agentur Digitus.Art und der Klassik Stiftung Weimar arbeiten Prof. Dr. Michael Markert und seine Studierenden nun an weiteren Vorschlägen für eine klare und intuitive Steuerung, die von einer breiten Benutzergruppe einfach und effektiv zu bedienen ist. Es hat sich gezeigt, dass komplexe VR-Controller aus dem Gaming-Bereich nicht für alle Benutzergruppen verständlich sind. Es geht also um die Kernfragen der Interaktion, Orientierung und Navigation an der Schnittstelle zwischen digitalen, physischen und virtuellen Räumen. Wie bewegt man sich ohne echte Beine in einem virtuellen Zimmer? Wie sehe ich mich ohne Körper um? Welche Taste soll ich drücken? Wie kann man eine Schublade öffnen, wie Goethes Zeichentisch ausklappen?
Projektziel
Das Ziel des Projektes lag in der Gestaltung einer klaren Steuerung für die Nachbildung des digitalen Zwillings von Goethes Arbeitszimmer, die von einer breiten Nutzergruppe einfach zu bedienen ist. Dazu gehörten die Untersuchung bestehender Interaktionen und daraus abgeleitete neue Vorschläge.

Im Produktdesign der Gegenwart und Zukunft spielen nicht mehr nur physische, sondern auch digitale und hybride Produkte eine große Rolle. Dabei arbeiten Prof. Dr. Markert und seine Studierenden mit Partnern aus der Region und darüber hinaus im Sinne einer angewandten Grundlagenforschung an einfachen, intuitiven, nachhaltigen und sinnvollen Interaktionsformen.
Die Übersetzung von Eingaben mit physischen, »be-greifbaren«, also anfassbaren Interfaces in eine Bewegung und Aktionen in einem virtuellen Raum ist nicht so einfach wie es scheint: »Je nach Perspektive ist irgendwann rechts nicht mehr links, etwa wenn ich mich umdrehe« (Markert).
Die Studierenden entwerfen und modellieren mit ihrem Hintergrund aus dem Produktdesign-Studium Bedienoberflächen, Eingabe-Geräte, Controller und Panels, evaluieren diese in Versuchen mit Testpersonen und verbessern iterativ das Produkt. Zum Campus.Design Open im Mai wurde das Interface Design Lab in Coburg geöffnet, das Einblick in die laufende Arbeit in Form eines Living Labs gegeben hat.
Ergebnisse
Diese Arbeiten und weitere waren am 11. und 12. Juli 2024 in einer Ausstellung in Goethes Wohnhaus im Goethe-Nationalmuseum in Weimar zu sehen.

Die Arbeiten im Fokus

Lea Kemmelmeier:
Digital Drawer – zwei intelligente Griffe
Lea Kemmelmeier hat zwei intelligente Griffe entworfen, deren Bedienung auf natürlichen Bewegungen der Hände und Arme für Greifen, Öffnen und Schließen beruht.
Julia Kipke:
Kugel-Steuerung »Stein des guten Glücks«
Julia Kipke experimentiert mit einer Kugel-Steuerung, eine intuitive und Maus-ähnlicher Track-Ball, dessen äußerliche Erscheinung Goethes »Stein des guten Glücks« entspricht, eine Skulptur aus Goethes Garten, die seine komplizierte Beziehung zu Frau von Stein bildhauerisch thematisiert.


Fabian Söllner:
Digitale Zeitleiste – Parametrisches Raum-Setup
Bei historischen Darstellungen von Räumen in Museen muss man sich zwangsläufig auf eine bestimme Zeit festlegen, obwohl sich private und halböffentliche Lebensräume verändern; es kommen neue Möbel hinzu, eine andere Farbe… Fabian Söllner greift dieses Thema mit einer digitalen Zeitleiste auf. Hier wählt man eine Jahreszahl oder ein Thema und der Raum ordnet sich entsprechend an.
Laura Ankenbauer & Nadja Chrystianowicz:
KI-basierte Gestensteuerung
Einen aktuellen Ansatz verfolgen Laura Ankenbauer und Nadja Chrystianowicz: Sie verwenden einen KI-basierten Sensor auf einem Mikrochip, der Gesten erkennt. Durch diese natürliche Eingabeform kann natürlich und dennoch hochtechnologisch interagiert werden.


Stella Schrüfer:
Begreifbares Touch-Modell des Arbeitszimmers
Ein gegensätzlicher Ansatz stellt ein verkleinertes begreifbares Modell des Arbeitszimmers dar. Stella Schrüfer baut physische Modelle, deren Objekte und Oberflächen direkte berührt werden kann.
Johannes Schmidt:
Touchpad-Masken – Haptische Touchscreens
Johannes Schmidt experimentiert mit Touch-Oberflächen, die ohne Blickkontrolle einfach bedient werden können. Über dem Touchscreen angebrachte Oberflächen können durch die Benutzenden intuitiv haptisch erfasst werden. Mit dieser Technik könnten auch ältere Tablets als universelle Controller für vielfältige Anwendungszwecke zu verwenden sein.


Nils Rohlfs:
Collaborative Control – Multiuser-Schubladenöffnen
An einer Multi-User Eingabe über die mobilen Geräte der Besucherinnen und Besucher arbeitet Nils Rohlfs, die zukünftig Interaktionen auch von Zuschauenden ermöglichen soll. Damit können alle, auch Umstehende, gemeinsam Schubladen öffnen (oder schließen).
Fotos: Thomas Müller, alle Rechte vorbehalten.
Weitere Informationen
- Pressemeldung der Hochschule Coburg, Körperlos Schubladen öffnen, 11.07.2024
- Pressemitteilung idw – Informationsdienst Wissenschaft, 11.07.2024
- Goethe-Apparat, Klassik Stiftung Weimar
- Virtuell durch Goethes Arbeitszimmer, Digitus.Art