Medien­kunst­preis 2016

Am Freitag, den 15. Juli 2016 eröffnete Michael Markert im Namen des organisierenden Lehrstuhls Interface Design die Ausstellung des Medienkunstpreises des akademischen Jahres 2016. Der Medienkunstpreis wird jedes Jahr an herausragende Arbeiten der Medienkunst/Mediengestaltung der Bauhaus-Universität Weimar im Rahmen der Summaery-Jahresausstellung verliehen.

2016 wurde die jährliche Veranstaltung durch den Lehrstuhl Interface Design, vertreten durch Michael Markert und den Mitarbeitern der Professur ausgerichtet. Hauptverantwortlich organisiert wurde die Ausstellung im Gaswerk Weimar von Linda Schumann und einem Team Studierender.

Die Ausstellung zum Medienkunstpreis im Gaswerk Weimar am 15.07.2016, Foto: Henry Sowinski
Die Ausstellung zum Medienkunstpreis im Gaswerk Weimar am 15.07.2016, Foto: Henry Sowinski
Die Ausstellung zum Medienkunstpreis im Gaswerk Weimar am 15.07.2016, Foto: Henry Sowinski

Der Lehrstuhl war auch für die Zusammenstellung der Jury verantwortlich und freute sich, dass drei hochkarätige Expertinnen, Künstler und Kuratoren zur Verkündung ihrer Auswahl nach Weimar gekommen sind. Mit dabei sind die renommierte Expertin und Kunsthistorikerin Andrea Jahn und Matthew Post von den Post-Brothers, Professor der Königlich-Dänischen Akademie der Künste und ehemaliger Kurator des Kunstverein München. Die Jury komplettiert einer der aktuell bekanntesten Medienkünstler Deutschlands, Julius von Bismarck.

Thüringer Landeszeitung (2016) ‘Foto-Projekt überzeugt die Jury. Bauhaus-Uni vergab Medienkunst-Preise’, TLZ Thüringer Landeszeitung, 22 July, p. 15.

Thüringer Landeszeitung (2016) ‘Foto-Projekt überzeugt die Jury. Bauhaus-Uni vergab Medienkunst-Preise’, TLZ 22 July, p. 15.

Michael Markert hielt als Vertretung der Professur Interface Design die Begrüßungsrede, die im Folgenden wiedergegeben wird:

Rede zum Medienkunstpreis von Michael Markert

Weimar – Fr, 15. Juli 2016

Michael Markert eröffnet die Verleihung des Medienkunstpreises im Gaswerk am 15.07.2016, Foto: Henry Sowinski
Die Preisverleihung des Medienkunstpreises 2016, Foto: Henry Sowinski
Die Jury verkündet den Gewinner des Medienkunstpreises, Foto: Henry Sowinski

»Liebe nominierte Künstler,
liebe Jury,
liebe Förderer und Sponsoren des Medienkunstpreises,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Gäste,

als Vertretung der Professur Interface Design im Studiengang Medienkunst und -gestaltung, auch im Namen von Prof. Jens Geelhaar, möchte ich Sie alle herzlich zur diesjährigen Verleihung des Medienkunstpreises begrüßen.

Es ist uns dieses Jahr außerordentlich schwer gefallen, aus der großen Auswahl an herausragenden Arbeiten einige wenige für den Medienkunstpreis zu nominieren. Ich glaube aber, wir haben eine gute Wahl getroffen!

Wie auch immer die Entscheidung ausfällt, alleine die Nominierung ist Ausdruck unserer Anerkennung und Bewunderung Ihrer kreativen Auseinandersetzung und künstlerisch-gestalterischen Tiefe Ihrer Abschluss-Arbeiten.

Der Medienkunstpreis dieses Jahr ist nicht nur für mich ein besonderer, weil ich Ende des Semesters nach fast 8 Jahren die Bauhaus-Universität verlassen werde. Auch für die nominierten Künstler markieren die Arbeiten den den Abschluss ihres Studiums.

Und auch der Studiengang Medienkunst- und Gestaltung steht vor neuen Herausforderungen, nachdem wir die Fakultät Medien verlassen haben und nun Teil der neu gegründeten Fakultät Kunst und Gestaltung sind.

Der Abschied ist auch in einigen Kunstwerken präsent: In der Arbeit von Martin Melcher, in der der erzwungene Verlust der Heimat aus Menschen »Flüchtlinge« macht. Oder in den animierten Objekten von Dilek Açay, die eine Faszination der Wehmut und Melancholie zwischen Leben und Tod ausstrahlen.

Und gleichzeitig ist es der Abschied, der Neues ermöglicht: Die Technik, der Erfindungsgeist, die Wissenschaft und natürlich die Kunst streben nach Neuem, hinterfragen immer wieder Bestehendes, Altes, suchen nach neuen Perspektiven, anderen Blickwinkeln und ungestellten Fragen.

Neue Perspektiven ergeben sich durch eine Veränderung der Position, durch Ortswechsel. Wir müssen oft im Leben unsere Positionen verändern, einen neuen Platz einnehmen, um einen anderen, unverbrauchten Blick auf die Dinge die uns umgeben, zu gewinnen. Zum Beispiel etwas abseits vom Zentrum — wie hier im Gaswerk.

In neuen Räumen treffen wir nicht nur auf neue Menschen, neue Themen und damit neue Gedanken — neue Räume entstehen auch durch Medien und Technologien: nicht nur die Bewegung an einen anderen Ort kann neue Perspektiven schaffen, auch neue Medien bieten mit virtuellen und hybriden Räumen ungesehene Betrachtungswinkel.

Wie in der Arbeit von Florian Froger, die eine Gegenwartsaufnahme aktueller Medienräume darstellt, und die Realitäten der YouTube Stars und Internet-Nerds beleuchtet, in Live-Streaming-Portalen und Chaträumen – und dazu anregt, die moderne diversifizierte mediale Konstruktion der Wirklichkeit zu diskutieren.

Überhaupt ist der Raum ein prägendes Thema, der in fast allen Arbeiten essentiell ist. Nicht nur in dem bereits erwähnten Projekt von Martin Melcher, das in einem Flüchtlingsheim unsere bekannte Perspektive von Deutschland, durch eine Kamera Obskura auf den Kopf stellt, dabei Grenzen von Innen- und Außenraum verwischt. Auch in der Performance »Black Body Radiation« von Melisa Palacio und Claire Dorweiler, ist Raum und die Energie der Interaktion von Körpern im Raum, das prägende Thema.

Auch die bei uns so wichtige und gelebte Interdisziplinarität, zwischen Wissenschaft und Kunst, zwischen freien und angewandten Künsten, erlaubt neue Sichtweisen.

Nicht nur Stefanie Heim untersucht den Arbeitsraum in Fabriken an Fließbändern und die Dehnung der Zeit, auch bei Marie-Christin Stephan – im »Open Office« ist der Alltagsraum, der Arbeitsraum und die Vermischung mit dem privaten Raum Thema: Das Suchen und Finden (übrigens beides Tätigkeiten, die ohne Verortung unmöglich wären), die Organisation in Ordnungssystemen und wie diese kreative Prozesse beeinflussen, im Spannungsfeld medialer Arbeitswelten und der Sehnsucht nach Freiheit — Freiheit als Raum der Möglichkeiten und Entschleunigung.

Überhaupt müssen wir Raum und Zeit als Einheit sehen: Der Raum von gestern mit Menschen und Objekten der Vergangenheit ist ein gänzlich anderer Raum als der Raum von Heute oder Morgen: Das Weimar der Weimarer Klassik, inklusive Goethe und Schiller, war ein anderer Raum als die Stadt, die wir heute kennen.

Die Feiern des Staatlichen Bauhauses zur großen Ausstellung 1923, war eigentlich eine Summary Jahresausstellung – und fand doch in einem anderen Raum statt, ein Weimar, das wir nur aus Geschichtsbüchern und Überlieferungen kennen; ein vergangenes Weimar, das im Sinne Vilém Flussers ein virtueller Raum ist, weil es ihn nicht mehr gibt.

Und trotzdem sind diese »virtuellen Weimars« noch immanent und legen sich als hybride Realität über diese Orte im Jetzt und beeinflussen unsere Zeit, unser Denken, unser Schaffen und das Bild unserer Bauhaus-Universität von heute und morgen.

Wir bauen auf Vergangenem Neues!

Nominiert für den Medienkunstpreis: Jorgelina Garcia – Form Follows…, Foto: Henry Sowinski
Jorgelina Garcia – Form Follows auf dem Deutschen Pavillon der EXPO Milan 2015
Nominiert für den Medienkunstpreis: Jorgelina Garcia – Form Follows…, Foto: Henry Sowinski

Wie Jorgelina Garcia, die aus den ikonographischen Grundformen des Bauhauses (Kreis, Dreieck, Quadrat), eine interaktive Installation baut: Roboter, die Menschen betrachten, die sich in den Bauhaus-Grundfarben Blau, Rot und Gelb kleiden. Dabei hilft das Medium der Technologie, unser Mensch-Sein neu zu sehen, und neu zu interpretieren. Eine blaue Jacke bekommt plötzlich eine luftig-wässrige Qualität, ein gelbes T-Shirt wird Ausdruck des Geistigen. Und ich: hinterfrage meine spontan getroffene Wahl der Kleidung von heute Morgen – ? — Alles nur, weil ich von einem Roboter angesehen werde, der mir ermöglicht, mich in diese Perspektive hinein zu versetzen und meine Definition von Realität zu erweitern.

Dieses Jahr ist besonders, wir stehen vor einer ungeschriebenen Zukunft, wir sollten das als Raum der Möglichkeiten begrüßen: Wir haben die Chance, neue Orte und Menschen zu entdecken, neue Kontakte zu schließen und den interdisziplinären Geist unseres Studiengangs neu zu beleben.

Ich hoffe, glaube, bin überzeugt davon, dass der Medienkunstpreis und die kreative Energie dieses Studiengangs weiter bestehen und noch viele grandiose Abschlussarbeiten hervorbringen wird. Ich freue mich auf das, was kommt und werde das auch aus der Ferne weiter mit verfolgen.

Und ich freue mich über die vielen wunderbaren Menschen, die diese Ausstellung ermöglicht haben: Ein Dank an alle beteiligten Künstler, die mit großem Einsatz und viel Leidenschaft Ihre Werke präsentieren!

Ein herzliches Dankeschön geht an die Jury:

  • Andrea Jahn
  • Matthew Post
  • und Julius von Bismarck

Wir freuen uns sehr, dass ihr euch die Zeit genommen habt, nach Weimar zu kommen und uns mit Eurer Expertise zu beehren! Ich hoffe sehr, wir hinterlassen einen bleibenden Eindruck – im Positiven!

Wir sind auch sehr dankbar für alle Sponsoren und langjährigen Förderer des Medienkunstpreises; nur durch Ihr Engagement ist der Preis überhaupt möglich! Vielen Dank!

Ein ganz besonderer Dank geht auch an Linda Schumann und ihr Team für die gelungene Organisation dieser Ausstellung!

Und nun möchte ich das Wort an die Jury übergeben; ich glaube, wir sind alle gespannt auf die Entscheidung!«