Kultur-Satelliten im Bauhaus-Museum

Translocative Spaces

Sonderausstellung “Kultur-Satelliten”
7. bis 9. Februar 2020
Bauhaus-Museum Weimar

Kooperation des Lehrstuhls Interface Design mit der Klassik Stiftung Weimar.

Im Wintersemester 2019/20 fand eine Kooperation des Lehrstuhls Interface Design mit der Klassik Stiftung Weimar im Rahmen eines Semesterprojekts mit dem Titel »Kultursatelliten« statt. Vertretungs-Professor Michael Markert zeigt zusammen mit den internationalen Master-Studierenden der Fakultäten Kunst und Gestaltung sowie Architektur und Urbanistik einen facettenreichen Beitrag im Rahmen der baldigen Eröffnung der »Thüringer Kulturportale«. Die Sonderausstellung ist vom 7. bis 9. Februar im Bauhaus-Museum Weimar zu sehen.

Das Weimarer Kulturportal entsteht gerade in der Nähe des Stadtschlosses und soll während der Sanierungsphase eine Verbindung mit anderen kulturell bedeutsamen Orten in Thüringen schaffen. Die Zwischennutzung dieses informativen aber auch als Erlebnisstätte konzipierten Raumes ermöglicht eine akademische Begleitung und die Erforschung innovativer Konzepte und Formate. Das Projektseminar der Bauhaus-Universität soll hierzu einen Diskussionsraum eröffnen.

Erprobungsraum Kulturportal

Das Kulturportal soll die Schlosskommunikation während dessen Schließung gewährleisten und die Gäste Weimars dazu animieren, auch andere kulturgeschichtlich bedeutende Orte Thüringens zu besuchen. Die Kooperation mit dem Lehrstuhl Interface Design erforscht mögliche Anwendungspotenziale für die »Sprungbrett-Funktion« des Kulturportals und lotet aus, wie der Verweis von Weimar auf andere Orte gestalterisch umgesetzt werden könnte. Prof. Markert war bereits beratend am Ausschreibungsverfahren des Weimarer Kulturportals beteiligt und konnte mit diesem Hintergrundwissen zusammen mit den jungen Künstlerinnen und Architekten des Projekts eine Auswahl an Diskussionsbeiträgen präsentieren, die vom 7. bis 9. Februar 2020 als Sonderausstellung im neuen Bauhaus-Museum in Weimar zu sehen sein werden.

Gestalterinnen, Architekten und Künstler

Studierende aus insgesamt sieben verschiedenen Ländern haben in den letzten Monaten Prototypen für die Hauptfunktion des Kulturportals entworfen, das Besucherinnen und Besucher ausgehend von Weimar animieren soll, auch andere (kultur-)geschichtlich interessante Orte in Thüringen zu besuchen.

Foto: Darko Velazquez

Bauhaus-Universität Weimar:
Unterstützt und realisiert wurden einige der Arbeiten im Rahmen der Forschungstätigkeit des Lehrstuhls durch das Bauhaus-Form+Function Lab.

  • Vertr.-Prof. Michael Markert
  • Jason Reizner
  • Darko Velazquez
  • Brian Larson Clark
  • …and the Interface Design Master class
    from Media Art and Design,
    Architecture and Urbanism:
  • Juan Camilo Rubiano Muñoz
  • Carlos García Fernández
  • Eirini Kokkinidou
  • I-Chen Lai
  • Junting Liu
  • Irene López García
  • Sandhya Madduri
  • Weiru Tai
  • Lingxu Zhou & Carl Che
  • Xiaosheng Zhou 

Klassik Stiftung Weimar: Folker Metzger, Sophia Gröschke, P. Will u.a.

Whitebox Dresden: Daniel Sommer, u.a.

Video: Klassik Stiftung Weimar

Die Arbeiten im Fokus

Die Beiträge zeigen Ausblicke, Vision und Aspekte anhand von Konzepten, Prototypen und interaktiven Installationen, die sich zwischen Technologie, Kunst und Design bewegen und im Kontext zeitgenössischer Kunst- und Kulturvermittlung im musealen Kontext auch Bereiche der gesellschaftlich-politischen Bildung und Raumentwicklung betreffen.

Prof. Markert erläutert das interaktive Mixed-Reality Teleskop von Eirini Kokkinidou, Foto: Darko Velazquez
Das interaktive Mixed-Reality Teleskop von Eirini Kokkinidou, Foto: Darko Velazquez

Mit dem Teleskop von Eirini Kokkinidou kann man in eine virtuelle 3D-Umgebung blicken und in eine frei gestaltbare Landschaft eintauchen. Durch zusätzliche Vergrößerungs-Einstellungen steht dem virtuellen Besuch einer Vielzahl an Orten nichts im Weg. Dabei vermeidet die Installation mit Absicht unpraktische VR-Brillen, sondern schafft durch die interaktive Installation mit dem bekannten prototypischen Funktionsmodell eines Fernglases eine niedrige Interaktionsschwelle, die zum Ausprobieren einlädt.

»Wiederholte Spiegelungen« von Carlos García Fernández, Foto: Darko Velazquez
»Wiederholte Spiegelungen« von Carlos García Fernández, Foto: Darko Velazquez
»Wiederholte Spiegelungen« von Carlos García Fernández, Foto: Darko Velazquez

»Wiederholte Spiegelungen« von Carlos García Fernández ist eine »Wunderkammer einer unendlichen Kaleidoskop-Collage«. Jede Spiegelkammer des gebauten Objekts repräsentiert eine Reise zu einem bestimmten Ort. Zusammen mit Licht und Schatten um die Betrachtenden entsteht ein sich ständig veränderndes und einzigartiges visuelles Erlebnis.

Michael Markert stellt die interaktive Projektion von Irene López García vor. Foto: Darko Velazquez
Foto: Darko Velazquez

Irene López García präsentiert eine technisch herausragende Installation, die durch eine mediale und interaktive Darstellung an zwei unterschiedlichen Orten eine nonverbale und dennoch informative Kommunikation von Gästen und Touristen ermöglicht.

»Dynamugs« von Sandhya Madduri. Foto: Darko Velazquez
»Dynamugs« von Sandhya Madduri. Foto: Darko Velazquez

Die »Dynamugs« von Sandhya Madduri lädt Gäste subtil ein, während der Pause mit der Ausrichtung des Henkels des Kaffebechers Informationen über interessante Orte in der entsprechenden Richtung zu erhalten. Man erhält Informationen zu anderen Orten direkt und erlebnisreich auf dem Tisch an der Kaffeetasse eingeblendet.

Michael Markert stellt die Arbeit von Juan Camilo Rubiano Muñoz vor, Foto: Darko Velazquez
Interaktive Audio-Feedback-Objekte von Juan Camilo Rubiano Muñoz, Foto: Darko Velazquez

Juan Camilo Rubiano Muñoz zeigt einen Vorschlag für eine interaktive Feedback-Station bzw. Objekte, die zu einer Reflektion und Rückmeldung zum Besuch einlädt und dabei unterschiedliche Gäste asynchron miteinander ins Gespräch kommen lässt.

»Guiding Sphere« von Lingxu Zhou & Carl Che, Foto: Darko Velazquez
»Guiding Sphere« von Lingxu Zhou & Carl Che, Foto: Darko Velazquez

Lingxu Zhou & Carl Che stellen eine kleine Kugel namens »Guiding Sphere« vor, die einen zukünftig auf einer Reise durch Weimar und Mitteldeutschland begleiten soll. Wann immer man sich in der Nähe eines interessanten Ortes befindet, macht die Kugel darauf aufmerksam. Will man diesen Ort besuchen, kann die Guiding Sphere auch navigieren und leiten.

»poem I« von I-Chen Lai, Foto: Darko Velazquez
»poem I« von I-Chen Lai, Foto: Darko Velazquez
»poem I« von I-Chen Lai, Foto: Darko Velazquez

»poem I« von I-Chen Lai ist eine auditive und typografische Stadtführung, mit der sie nicht nur andere Orte, sondern auch den Weg dorthin ästhetisch erfahrbar und erlebbar gestaltet. Die experimentelle App generiert ein ortsabhängiges zeitgenössisches »Gedicht«, das sich mit der Bewegung der Nutzer, Echtzeit-Daten der Umgebung und topografischen Informationen verändert.

Michael Markert begleitet durch die Ausstellung, Foto: Darko Velazquez
Foto: Darko Velazquez
Foto: Darko Velazquez
Foto: Darko Velazquez
Foto: Darko Velazquez

Der Prozess

Zusätzlich zur inhaltlichen Auseinandersetzung fanden vorbereitende Exkursionen statt. Die Teilnehmenden bekamen Einblick in die professionelle Berufspraxis der Agentur Whitebox, die bereits einige außergewöhnliche Ausstellungen in Thüringer Museen erfolgreich umgesetzt hat. An vielen Beispielen wurde im Neuen Museum in Weimar die Ausstellungsgestaltung vor allem im Hinblick auf gelungene Interaktionsgestaltung und das User Experience Design gelegt. Die Erkenntnis, dass durch partizipative und interaktive Formate Wissen einfacher und spielerischer in Form von Erfahrung erlernt wird, lässt sich in vielen modernen Museen beobachten. Es entstehen mehr »Mitmach-Stationen«, die involvieren und zum Erforschen einladen. Im Gegenzug wird die vor allem rein textliche Erläuterung schon aus praktischen Gründen reduziert: Nutzertests zeigen, dass diese langen Texte auch selten rezipiert werden.

Die Interface Design Pinnwand
Im Seminar, Foto: Markert
Exkursion ins Neue Museum, Foto: Darko Velazquez
Exkursion ins Neue Museum
Michael Markert testet einen Stuhl in der Ausstellung im Neuen Museum, Foto: Darko Velazquez
Stereoskopischer Blick in die Vergangenheit von Whitebox Dresden, Foto: Markert
Stereoskopischer Blick in die Vergangenheit von Whitebox Dresden, Foto: Markert
Stereoskopischer Blick in die Vergangenheit von Whitebox Dresden, Foto: Markert
Exkursion ins Neue Museum / Ausstellungsgestaltung Whitebox, Foto: Markert
Exkursion ins Neue Museum
Ein interaktiver Buchbinde-Tisch der Agentur Whitebox

Eine kunsthistorische Überraschung war die Erkenntnis, dass es um 1900 durchaus üblich war, frei platzierbare Stühle in Ausstellungsräumen vorzufinden. Damit konnte sich jeder einen Stuhl zum Lieblingsbild nehmen, um dieses in Ruhe zu betrachten.

»Heute stellt sich vielmehr die Frage, wie man die Besucherinnen und Besucher ermutigen kann, sich zu trauen, die Stühle überhaupt anzufassen, da wir mittlerweile durch »Bitte nicht berühren«-Schilder auf eine passive Rezeption konditioniert sind. Auch fehlen oft Zeit und Geduld zur Auseinandersetzung mit komplexeren Themen.« – Michael Markert

Mit diesen Überlegungen wurden in der zweiten Hälfte des Semesters Konzepte, Proof-of-Concepts und interaktive Formate ausprobiert, umgesetzt und evaluiert, um schließlich am Tag der Ausstellungseröffnung im Bauhaus-Museum nicht nur den Projektpartnern, sondern auch der Öffentlichkeit einen Einblick in den Arbeitszustand zu geben.

Ausblick

»Wiederholte Spiegelungen« von Carlos García Fernández wurde außerdem noch im Anschluss an weitere Veranstaltungen der Klassik Stiftung Weimar u.a. in der Herzogin Anna Amalia Bibliothek ausgestellt.

2019 feiern die Klassik Stiftung Weimar, die Bauhaus-Universität Weimar zusammen mit den anderen Bauhaus-Stätten 100 Jahren Bauhaus Weltkulturerbe.

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