Vom 22.06. bis 02.09.2007 ist Michael Markerts interaktive kybernetische Sprachmaschine »Kempelen 2.0« im Rahmen der Sonderausstellung »Mensch-[in der]-Maschine« im ZKM – Zentrum für Kunst und Medien in Karlsruhe zu sehen. Kuriert wurde die Ausstellung von Rita Kálmán, József Mélyi und Bernhard Serexhe. Das Buch zur Ausstellung wurde u.a. von Peter Weibel herausgegeben und erschien 2007 im Verlag Matthes & Seitz.
Die Sprachmaschine Kempelen 2 ist ein Beitrag von Michael Markert für Phonetic Kemp Inc. in Zusammenarbeit mit Georg Winter.
»Ausgehend vom Schachautomaten erweitert die gemeinsame Ausstellung der Budapester C³ Stiftung und des ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe das Bild des Wissenschaftlers, Ingenieurs, Künstlers, Schaustellers, Beamten und der Privatperson von Kempelens um die mechanischen Erfindungen seiner Epoche.« https://zkm.de/de/ausstellung/2007/06/wolfgang-von-kempelen-mensch-in-der-maschine
Der Schachautomat von Kempelen war zu seiner Zeit eine Revolution, da Kempelen behauptete, der mechanische Automat könne jeden im Schach besiegen. In Vorführungen tat er das tatsächlich und die Zuschauer waren von der Vorstellung der neuen technologischen Fortschritte begeistert. Allerdings war der Schachtürke nur ein schlauer Zaubertrick. Im Inneren des Automaten war wenig, aber ausreichend Platz für einen Menschen, der unter dem Spielbrett über eine komplexe Mechanik die Bewegung des Automaten und dessen Züge kontrollierte. Es ist eine kursierende Annahme, dass das deutsche Wort »türken« von eben dieser Maschine die Beibedeutung eines Schwindels bekommen hat.
Während Baron Wolfgang von Kempelen (1734 – 1804), ein österreichisch-ungarischer Erfinder, heute hauptsächlich aufgrund seines schachspielenden Türken bekannt ist, hat er außerdem den menschlichen Sprechapparat untersucht und 1791 das erste Grundlagenwerk mit dem Titel »Mechanismus der menschlichen Sprache nebst der Beschreibung seiner sprechenden Maschine« veröffentlicht (Kempelen 1791). Diese Sprechmaschine gilt als eine der ersten spracherzeugenden Maschinen. Mit einem Blasebalg, der eine Lunge simuliert, kann über ein mit der Hand veränderbares Gummi-Stück Luft gepresst werden. Mit etwas Übung entstehen dadurch sprachähnliche Laute.
Die erste Sprachmaschine überhaupt (ungeachtet der Tatsache, dass bereits um das 13. Jhdt. Lockrufe durch Lunge, Kehlkopf und Brustkorb toter Kraniche zur Vogeljagd benutzt wurden) stammt 1773 von Christian Kratzenstein. Etwa zur gleichen Zeit begann auch Baron Wolfgang von Kempelen mit Experimenten zur Imitation menschlicher Sprache. Baron von Kempelen ist heute hauptsächlich wegen seines schachspielenden Türken bekannt.
Im Gegensatz zum schachspielenden Türken ist von Kempelens letzter Sprachautomat bis heute erhalten geblieben und steht neben einigen anderen spracherzeugenden Maschinen in der Abteilung für Musikinstrumente des Deutschen Museums in München.
»Die Ausstellung im ZKM legt den Akzent auf die aktuellen, künstlerischen Bearbeitungen der durch die Kempelenschen Apparaturen hergestellten Metaphern. Die Mensch-Maschine-Thematik findet in den Werken zahlreicher Künstler der Gegenwart Niederschlag. Von den mechanischen Automaten bis zu den Robotern und Hochleistungsrechnern unserer Gegenwart begleitet die Ausstellung die verschiedenen Varianten des Schachautomaten seit dem 18. Jahrhundert. Mit ihren Arbeiten ergründen die beteiligten zwanzig KünstlerInnen die theoretischen Implikationen und das Weiterwirken der Automaten von Kempelens im Kontext unserer Zeit. So tragen sie zum Verständnis der heutigen Welt und der uns betreffenden Fragen bei.« https://zkm.de/de/ausstellung/2007/06/wolfgang-von-kempelen-mensch-in-der-maschine

Kempelen 2.0 oder kII ist ein stimmtopologisches Interface zur gestischen Navigation im Sprachraum. Bei der Lautbildung des Sprechvorgangs fungiert die Hand als Sprechorgan. Die Bedienung erfolgt durch die sensorische Ermittlung des Öffungszustandes beider Hände, der Position im Raum, der relativen Höhe und anderer Parameter, die der Kiefer- und Zungenposition im Mundraum sowie Tonhöhe und Rhythmus zugeordnet sind.
Die Phonemerzeugung beruht auf phonetischen Gesetzen. Durch die Implementierung musikalischer Skalen und Sprech-Rhythmik entsteht eine Lautsprache, deren Sinnzusammenhang sich nicht durch den Informationstransport sondern die Abstraktion der Stimme im tonalen Sprachraum erschließt. Die artikulatorisch-topologische Phonetik beschäftigt sich mit dem Sprechvorgang, bei dessen Lautbildung Körperteile als Sprechorgane fungieren – und knüpft somit historisch an Kempelens Motiv der Spracherzeugung für Stimmlose durch Stimmerzeugung für Sprachlose an.

»Einer der wichtigsten Punkte ist hierbei sicher, ob die Vorstellung einer intelligenten Maschine nicht ein Widerspruch in sich selbst ist. Die Ideen von »künstlicher Intelligenz«, die den Menschen durch die Maschine ersetzen, bringen diesen Frageprozess in Gang. Wenn wie im Schachautomaten von Kempelens in jeder Maschine immer der Mensch steckt, so kann dieser auch durch die Übermächtigkeit der von ihm in Gang gesetzten Maschinerie vernichtet werden.«
ZKM-Ausstellung Wolfgang von Kempelen – Mensch in der Maschine
Die Ausstellung war von März bis Mai 2007 in der Mücsarnok Kunsthalle Budespest in Ungarn zu sehen; und von Juni bis September 2007 im ZKM in Karlsruhe in Deutschland zu sehen.
Ausstellungen
- ZKM Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe
Wolfgang von Kempelen. Mensch-[in der]-Maschine. Ausstellung.
22.06. – 02.09.2007 - Mücsarnok Kunsthalle Budapest
Kempelen – Man in the Machine. Ausstellung.
23.03. – 28.05.2007
Publikationen / Ausstellungskatalog
- Bernhard Serexhe und Peter Weibel (eds) (2007) Wolfgang von Kempelen: Man-(in the)-Machine. Mensch-(in der)-Maschine. Berlin: Matthes & Seitz.
ISBN 978-3-88221-997-5
Weitere Quellen
- Kempelen, W. von (1791) Mechanismus der menschlichen Sprache. 1. Auflage. Wien: Degen. Available at: https://www.deutschestextarchiv.de/book/show/kempelen_maschine_1791.
Links
- ZKM – Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe (2007) Wolfgang von Kempelen. Mensch in der Maschine / Man in the Machine. https://zkm.de/de/publikation/wolfgang-von-kempelen-mensch-in-der-maschine-man-in-the-machine (Accessed: 19 January 2025)
- ZKM – Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe (2007) Wolfgang von Kempelen. Mensch-[in der]-Maschine. Ausstellung. https://zkm.de/de/ausstellung/2007/06/wolfgang-von-kempelen-mensch-in-der-maschine (Accessed: 19 January 2025)
- Mücsarnok Kunsthalle Budapest (2007) Kempelen – Man in the Machine. Ausstellung. https://mucsarnok.hu/exhibitions/exhibitions.php?mid=561c352563085 (Accessed: 19 January 2025)
Participating Artists:
Ralf Baecker, Zoe Beloff, Péter Forgács, Ken Feingold, Herbert Kitzel, Severin Hofmann / David Moises, György Jovánovics, Gergely Kovács / Bence Samu, Gergely László und Péter Rákosi, Jürg Lehni / Stephan Krass, M+M, János Major, Katrin von Maltzahn, Daria Martin, John Miller / Frank Lutz, Gyula Pauer, Wolf Pehlke, Simon Penny, Martin Riches, robotlab, Alexei Shulgin, Zoltán Szegedy-Maszák mit Róbert Langh, Márton Fernezelyi und Richard Aczel, Tamás Waliczky, Georg Winter und Michael Markert
Sponsoren
Kulturstiftung des Bundes; Ungarischer Akzent; Oktatási és kulturális Minisztérium; Múcsarnok; Nemzeti Kulturális Alapprogram; Szerencsejáték Zrt.; di:’angewandte; Landesbank Baden-Württemberg; EnBW; Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg; Stadt Karlsruhe


